[Ford Fiesta I]

Ford Fiesta I > Geschichte > Geschichten > "1969-1972: Das B-Car Projekt."

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Henry Ford II mit Vater Edsel bei
der Grundsteinlegung in Dagenham
Ende der 60er Jahre begannen sich einige Änderungen bei der Ford Motor Company abzuzeichnen. Auf der einen Seite wurde die Zusammenarbeit der einzelnen Tochtergesellschaften verstärkt. Dies fand vor allem in der Entstehung von Ford Europe als Gesamtorganisation der Ford-Werke AG Köln und von Ford of Britain im Juni 1967 Ausdruck. Auf der anderen Seite mußte Ford auf den wachsenden Bedarf an Kleinwagen, in Europa wie in den USA, reagieren, ein Bedarf, der in den folgenden Jahren - insbesondere durch die Ölkrise von 1973 - noch bedeutend wachsen sollte. Ford hatte bisher noch keine Kleinwagen, im Jargon der Automobilhersteller auch als Claß B Cars (wie z.B. der Fiat 127, Renault 5, VW Polo) bezeichnet, hergestellt. Zwar waren bereits mehrfach Studien und sogar konkrete Entwürfe hierzu angefertigt worden, diese waren aber stets verworfen worden. Die bisherigen Versuche basierten auf abgespeckten Versionen bereits existierender Fahrzeuge. Doch deren Verkleinerung sparte zumeist nur etwas Blech, die Produktionskosten blieben aber gegenüber den größeren Originalen sowohl in Bezug auf Material als auch auf Arbeitskraft mehr oder weniger gleich. Da der Preis der kleineren Modelle jedoch deutlich geringer sein mußte, glaubte man zu dieser Zeit bei Ford, auf diesem Sektor keinen Gewinn machen zu können.

1969 versuchte Ford Europe trotzdem erneut, die amerikanische Firmenleitung davon zu überzeugen, sich für einen Wagen der Claß B zu intereßieren. Die Hauptargumente für einen neuerlichen Versuch waren, daß erstens der Markt immer mehr nach Kleinwagen verlangte (wohingegen man bisher bei Ford davon ausgegangen war, daß mit fortschreitendem Wohlstand in Europa auch die Fahrzeuge größer werden würden), und daß zweitens die bisherigen Studien von falschen Voraußetzungen ausgegangen seien. Ein Wagen der Claß B dürfe nicht als abgespeckte Version eines größeren Fahrzeugs geplant werden, sondern müße von Grund auf neu entworfen werden, was natürlich einen erheblichen Aufwand und ein hohes Risiko bedeutete.

Am 30. September 1969 erhielten die Initiatoren aus Europa grünes Licht, eine Task Force zusammenzustellen und eine Studie zu einem Claß B-Fahrzeug zu erstellen. Der Etat lag bei 100.000 $, die Resultate sollten innerhalb von acht Monaten vorliegen. Die Arbeiten am einstweilen als B-Car bezeichneten Projekt wurden bei der Ford-Werke AG in Köln-Merkenich durchgeführt, das Team jedoch war international. Auch in Bezug auf die potentielle Kundschaft wurde das B-Car von Anfang an als ein internationales Projekt verstanden: man hoffte, ein solches Auto in Europa, den USA, Südamerika und im asiatisch-pazifischen Raum verkaufen zu können. An eine robustere Version für Länder der dritten Welt wurde ebenfalls angedacht. Trotz der bisher negativ verlaufenen Studien wurden neben einem Entwurf für ein völlig neues Auto auch zwei verschiedene Versionen, die auf dem Escort beruhten, in Betracht gezogen. Ebenso wurden gleichermaßen Front- und Heckantrieb erwägt. Die bisherige Erfahrungen mit Frontantrieb waren für Ford in Amerika schmerzvoll gewesen, 1962 wurde die Herstellung des Cardinal nur 60 Tage vor Produktionsbeginn abgeblasen, wenngleich der Wagen dann doch wenigstens in Europa als Taunus 12M gebaut wurde.1 Dennoch sollte bei diesem Projekt alles bedacht werden, nichts von vornhinein ausgeschloßen werden. Viele der europäischen Konkurrenzmodelle arbeiteten mit Frontantrieb, und wie sich noch zeigen sollte, erwartete die potentielle Kundschaft auch diesen technischen Fortschritt.


Eine erste Zeichnung: "Something a bit Italian..."
Im Oktober 1970 wurde die Studie, zu diesem Zeitpunkt vorwiegend aus Zahlen und einem groben 1:1-Modell bestehend, vorgestellt. Aufgrund des vielversprechenden Entwurfs wurde beschloßen, das inoffiziell kurzfristig als Torino bezeichnete Projekt der Gesamt-Firmenleitung unter Henry Ford II und Lee Iacocca zu präsentieren, was im Februar 1971 geschah. Um das noch weitestgehend charakterlose Modell zu illustrieren (technische Fragen hatten im Vordergrund gestanden, die Task Force hatte keine Mitarbeiter der Designabteilung aufgenommen), gab es dazu ein paar Skizzen von einem bei Ford in Köln arbeitenden Designer, die jedoch keinen ernsten Bezug zur bisherigen Studie hatten und erst am Vorabend der Präsentation erstellt worden waren. Im Oktober 1971 initiierte Lee Iacocca dann intensive Bemühungen zum B-Car Projekt. Es wurden Studien zur Marktsituation in Europa durchgeführt, und in Dearborn arbeitete ein inzwischen deutlich größeres Team an den technischen Daten für ein mögliches B-Car, jetzt auch gern ob der in Köln erstellten ursprünglichen Studie als Deutschlander bezeichnet. Erstmals arbeiteten nun auch Designer am Projekt. Dabei wurden alternative Entwürfe bei Ford in den USA und unter der Leitung von Tom Tjaarda bei Ghia in Turin erstellt. Ford Europe konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht in die Planung eingreifen, da die Entwicklung des Escort II zunächst Priorität hatte.

Im Herbst 1972 lagen erste ernsthafte Ergebniße vor. Das Team hatte die verschiedenen Konkurrenzmodelle, vor allem aber den Fiat 127, in alle Einzelteile zerlegt und intensive Studien betrieben, wie ein in allen Aspekten mindestens gleichwertiges, an vielen Stellen aber höherwertiges Fahrzeug als es der Fiat 127 war, zu erstellen sei. Die ersten Marktanalysen liefen, um die Chancen des Fahrzeugs beurteilen zu können, und vor allem um zu erfahren, ob ein B-Car in direkte Konkurrenz zum hauseigenen Escort treten würde. Gleichzeitig hatten die Designteams in Dearborn/Detroit und bei Ghia in Turin auf der Basis des Fiat 127 drei Vor-Prototypen entworfen - zwei Mini-Mites, einmal mit Front- und einmal mit Heckantrieb, und das Blue Car, das Tom Tjaarda nur 53 Tage nach Auftragserteilung ablieferte:

  
Das Blue Car aus Turin (links) und die beiden Mini-Mites aus Dearborn.

Vor allem aber war ein offizieller Name für das Projekt gefunden worden: am 2. Oktober 1972 taufte Hal Sperlich, zu diesem Zeitpunkt verantwortlich für alle Aspekte der Entwicklung, das neue Projekt Bobcat. Die Aßoziation mit der in den nordamerikanischen Wäldern noch verbreiteten Wildkatze und die Tatsache, daß so der Buchstabe B an prominenter Stelle Verwendung fand, hatten ihn dazu verleitet. Mit einem Namen, intensiven Kostenanalysen, ersten Marktanalysen und nicht zuletzt drei verschiedenen Vor-Prototypen konnte nun die eigentliche Arbeit beginnen.

Soweit nicht anders angegeben stammen alle Informationen und Bilder aus Seidler (1977).2

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